Verschiedene Online Plattformen und auch manche Anwälte werben mit folgenden Vorteilen so genannter „online-Scheidungen“:
a) kostengünstig
b) minimaler Aufwand
c) Schnelligkeit
a) kostengünstig
Bei einer Scheidung fallen Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren an, deren Höhe gesetzlich geregelt ist. An dem Nettoeinkommen der Eheleute zum Zeitpunkt der Anhängigmachung der Ehescheidung sowie der Höhe des Vermögens richtet sich der so genannte Gegenstandswert der Ehescheidung, § 43 FamGKG. „Kostenschuldner“ ist immer der Auftraggeber. Im Falle der Beantragung des Scheidungsantrages ist Kostenschuldner die/der Antrag-steller/in, vgl. § 21 FamGKG. Der jeweils andere Ehegatte, die/der so genannte Antragsgegner/in schuldet aber auf jeden Fall die Hälfte der Gerichtskosten. Beide Kosten, sowohl die damit verbundenen Anwalts- als auch die Gerichtskosten sind damit gesetzlich geregelt.
Anwälten ist es untersagt, Gebührenunterschreitungen für gerichtliche Mandate vorzunehmen, also geringere Gebühren als die gesetzlich normierten zu verlangen, § 49 b Abs.1 Satz 1 BRAO.
Das Argument „günstiger geht es nicht“ trifft daher in gerichtlichen Angelegenheiten wie der Ehescheidung gar nicht zu.
Manchen Anwälten wird nachgesagt, Angelegenheiten streitig zu stellen, um höhere Gebühren verlangen zu können. Hier sind Sie aber selbst gefragt. Als Antragsteller/in sind sie „Herrin/Herr – des Verfahrens“. Sie selbst haben die Möglichkeit, zusammen mit ihrem Anwalt notwendige aber ausreichende rechtliche Schritte zu besprechen. Notfalls haben Sie jederzeit die Möglichkeit, das Mandat zu kündigen und Ihren Anwalt zu wechseln.
Anwälte können bei einer Online-Scheidung auch von zu Hause aus beraten. Für diese Anwälte entfallen entsprechende Raum- und Personalkosten für die Kanzleiräume. Der einzige, der Kosten durch eine Online-Scheidung spart, dürfte ihr Anwalt sein.
Aus meiner Sicht ersetzt eine unpersönliche online-Beratung kein ausführliches persönliches Gespräch mit dem Anwalt Ihres Vertrauens.
Um Kosten zu sparen, können sich die Eheleute auch darauf einigen, das Scheidungsverfahren mit nur einem Anwalt durchzuführen. Lesen Sie hierzu bitte unbedingt meinen Beitrag: „Scheidung – Darf ein Anwalt beide Eheleute beraten?“
b) Zeitaufwand
Der Zeitaufwand, den Sie mit dem persönlichen Kontakt mit Ihrem Anwalt oder Anwältin benötigen, sollte Ihnen die professionelle Regelung Ihrer Angelegenheit wert sein. Es ist von Vorteil, wenn Sie Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin so oft wie nötig in Ihrer Angelegenheit per- sönlich oder telefonisch sprechen können. Wenn Sie hierfür keine oder wenig Zeit haben, hat Ihr Anwalt dafür sicher Verständnis. Er kann zusammen mit Ihnen abwägen, ob einzelne Punkte vorab eingehend besprochen werden müssen oder nicht. Viele Anwälte sind dankbar dafür, wenn Sie ihnen pauschal sowohl Ihre Akten, als auch die Entscheidungen über die weitere Vorgehens- weise überlassen.
Mit der Übertragung der Verantwortung für die Lösung einzelner Fragestellungen an Ihren Anwalt entlasten Sie sich selbst. Gleichzeitig nehmen Sie sich aber die Möglichkeit, bestehende Fragestellungen oder sogar Konflikte mit einem zuverlässigen Anwalt an Ihrer Seite außergerichtlich zu regeln.
In meinem Kanzleialltag lade ich meine Mandanten dazu ein, Ihre eigenen persönlichen Angele- genheiten im Zusammenwirken mit mir zu klären. Damit mache ich es meinen Mandanten nicht einfach, weil ich sie dazu auffordere, aktiv an der Lösung mitzuwirken.
Das ist selbst mit meinen Mandant/inn/en aus dem Ausland möglich, mit denen ich persönliche Besprechungstermine über Skype führe.
Der Zeitaufwand für den beauftragten Anwalt ist bei einer gemeinsamen Zusammenarbeit mit dem Mandanten viel höher. Bsp. wenn Schriftsätze an das Gericht oder die/den „Gegner/in“ erst dann weitergeleitet werden sollen, wenn die/der Mandant/in diese vorab gesehen und „genehmigt“ haben. All das kostet Zeit und Energie. Für Sie und für Ihren Anwalt.
Eines gebe ich hierbei zu bedenken: sofern es nicht tatsächlich um eine einvernehmliche Scheidung ohne jegliche Klärung von Folgesachen geht, ist Ihre Angelegenheit möglicherweise viel zu individuell und zu komplex, als die Entscheidung darüber einem Dritten zu überlassen.
c) „schnelle“ Ehescheidung
Voraussetzung für die Ehescheidung ist, dass beide Eheleute mindestens ein Jahr lang getrennt leben, §§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB. Das so genannte „Trennungsjahr“ ist daher gesetzlich ge- regelt und Voraussetzung einer Ehescheidung nach deutschem Recht.
Im Zusammenhang mit der Ehescheidung ist immer auch der Versorgungsausgleich durch-zuführen, der Ausgleich der während der Ehezeit erzielten Rentenanwartschaften.
Ausnahmen:
- Bei einer Ehezeit von bis zu 3 Jahren findet der im Zusammenhang mit der Ehescheidung durchzuführende Versorgungsausgleich nicht statt, § 3 Abs. 3 VersAusglG.
- wenn sich die Ehegatten über den Ausschluss oder Teilausschluss des Versorgungsausgleichs einigen, ist eine Durchführung des Versorgungsausgleichsverfahrens nicht notwendig. In diesen Fällen kommt es tatsächlich vor, dass der Termin für die Ehescheidung schon nach wenigen Wochen durch das Gericht festgelegt wird.
Für alle übrigen Fälle gilt, dass zunächst die Auskünfte bei den Rentenversicherungsträgern zur Klärung der Versorgungsausgleichsansprüche eingeholt werden müssen, was einige Monate dauern kann.
Sofern einer der Ehegatten notwendige Auskünfte im Zusammenhang mit dem Versorgungs-ausgleichsverfahren nicht oder nicht zeitnah übermittelt, zieht sich das gesamte Scheidungs-verfahren entsprechend lange hin. Insofern hängt es auch von beiden Eheleuten ab, ob das Scheidungsverfahren zügig oder langsam von statten geht.
Schließlich kommt es noch auf die/den zuständigen Richter/in an, wie überlastet er/sie ist. An einigen Gerichten ist „Land unter“. Da die Zuständigkeitsregelungen des gesetzlichen Richters vorgeschrieben sind, kann auch der Online-Anwalt das Scheidungsverfahren nicht beschleunigen.
Sofern der Mandant das Gefühl hat, dass die Verzögerungen auf seinen Anwalt zurück zu führen sind, hat er die Möglichkeit, das Mandat zu beenden.
In meiner Kanzlei werden persönliche Besprechungstermine in der Regel mit einem Vorlauf von einigen Tagen vergeben. Ausnahmen sind Urlaubszeiten oder während meiner Vorlesungen im Sommersemester. In Eilfällen vergebe ich kurzfristige Telefontermine. Schriftsätze werden mit wenigen Ausnahmen umgehend an meine Mandanten weitergeleitet.
Ich gehe davon aus, die meisten der professionell arbeitenden Kollegen/innen handhaben es ebenso.
Fazit:
Online-Scheidungen sind weder günstiger, noch schneller als Scheidungsverfahren, die bei persönlichem Kontakt zu Ihrem Anwalt stattfinden. Der persönliche Aufwand, mit dem Sie sich an dem Verfahren beteiligen, liegt bei Ihnen und der Schwierigkeit Ihrer Angelegenheit.
Der Zeit- und Kostenaufwand von online-Scheidungen ist aber tatsächlich geringer. Für Ihren online-Anwalt.